Sonderveröffentlichung
Mehr als Baustellenromantik

Wie Influencer das Handwerk in Szene setzen

Wie Influencer das Handwerk in Szene setzen

Mit weit mehr als 100 000 Followern bei Instagram gehört Sandra Hunke zu den Handwerksinfluencerinnen mit sehr großer Reichweite. Fotos: dpa/Sandra Hunke

Eine junge Frau, die mit Wasserwaage posiert oder ein Bagger im Sonnenuntergang: Unter dem Hashtag „handwerk“ sind allein auf Instagram weit über zwei Millionen Beiträge zu finden.

Dabei posten nicht nur Unternehmen ihre Arbeit online, viele Handwerkerinnen und Handwerker nutzen die Plattform, um ihren Beruf auf oft kreative und persönliche Art vorzustellen. Darunter sind einige Frauen mit zum Teil hunderttausenden Followern. Doch was bedeutet es, Handwerksinfluencerin zu sein, wie viel Aufwand ist es und was springt am Ende dabei raus?

Mit 111000 Followern gehört Sandra Hunke auf Instagram zu den Handwerksinfluencerinnen mit sehr großer Reichweite. Auf ihrem Account wechseln sich Baustellenfotos mit professionellen Aufnahmen von Hunke in Kleidern oder Bikini ab. Denn die 30-Jährige ist beides: Anlagenmechanikerin für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik und Model.

(Zeit)aufwendige Leidenschaft: „Mein Arbeitsalltag besteht zu 50 Prozent aus Handwerk und zu 50 Prozent aus Modeln“, sagt Hunke. Die meiste Social Media-Arbeit findet erst nach Feierabend statt: Selbst, wenn auf der Baustelle pünktlich um 16.30 Uhr Schluss ist, ist Hunke oft noch bis 22 oder 23 Uhr mit Social Media beschäftigt. Dann werden Nachrichten beantwortet, Fotos bearbeitet, Videos geschnitten und neue Posts erstellt.

An ihren freien Tagen zeigt die Anlagenmechanikerin ihren Followern, wie sie private Bauprojekte an ihrem Haus oder bei Freunden umsetzt. Noch dazu hat sie das Kinderbuch „Bella Baumädchen“ mitgeschrieben, mit dem sie bereits Kinder fürs Handwerk begeistern möchte.

Bohrhammer statt Nagelfeile: Sandra Hunke ist Anlagenmechanikerin für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik.
Bohrhammer statt Nagelfeile: Sandra Hunke ist Anlagenmechanikerin für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik.

Klempnerin, Zimmerer oder Steinmetzin auf Instagram: Luisa Lüttig ist erst seit knapp zwei Jahren auf Instagram als „Stein_Fluencerin“ aktiv. Sie hat mittlerweile ihren Meister als Steinbildhauerin und Steinmetzin gemacht und zeigt auf Fotos und Videos ihre Arbeit, beispielsweise wie sie Grabsteine und Tierfiguren bearbeitet. „Ich habe als Gesellin angefangen, Fotos zu posten und gemerkt, wie sehr es die Leute interessiert.“ Einige haben den Beruf erst durch sie kennengelernt. Inzwischen folgen der jungen Steinmetzin mehr als 3000 Menschen.

Es brauche Selbstbewusstsein, sich vor die Kamera zu stellen und seine Arbeit einem breiten Publikum zu erklären, sagt Lüttig. Letztendlich gefalle es ihr aber, anderen zeigen zu können, wie schön das Handwerk ist. „Die jungen Leute kommen nicht mehr ins Handwerk, also komme ich mit Social Media zu ihnen.“

Beide Handwerkerinnen haben die gleiche Hauptmotivation: Insbesondere auch Mädchen und Frauen das Handwerk näher zu bringen und ihnen zu zeigen: „Ihr könnt das schaffen.“ Lüttig kommt selbst aus einer Handwerksfamilie, sie arbeitet im Betrieb ihrer Eltern. „Hätte ich diesen Bezug nicht, weiß ich nicht, ob ich im Handwerk gelandet wäre“, sagt Lüttig.

Vorbilder auf Social Media: Instagram könne durchaus eine wertvolle Quelle zur Inspiration bei der Berufsfindung sein, sagt Heike Jahncke. Jugendliche brauchen der Dozentin für Berufs- und Wirtschaftspädagogik an der Universität Oldenburg zufolge Vorbilder und wenn diese nicht im direkten Umfeld zu finden seien, könnten Influencer womöglich diese Rolle einnehmen. Trotzdem haben das familiäre Umfeld und praktische Erfahrungen den bedeutendsten Einfluss, wenn es um die Berufswahl geht.

Steinmetzin Lüttig schlägt vor: „Einfach ausprobieren!“ Sowohl Interessierte als auch Eltern könnten schließlich Praktika machen und so Beruf und Arbeitsumfeld aus nächster Nähe kennenlernen. Von Vorurteilen sollte man sich ebenfalls nicht abschrecken lassen. „Handwerk hat einen goldenen Boden“, sagt Hunke gerne mit Blick auf die Verdienstchancen. Handwerker seien gefragt und nach einer Ausbildung warte oft ein gutes Gehalt.

Berufsinfluencer oder Beruf Influencer? Obwohl Hunke als Model noch mehr verdienen könnte, sagt sie: „Das Handwerk steht an oberster Stelle.“ Auch Influencerin wollen weder sie noch Luisa Lüttig hauptberuflich sein. „Es geht mir darum, den Beruf näher zu bringen, nicht mich“, sagt Steinmetzin Lüttig.

Ein Karrieresprungbrett

Weiterbildung zum staatlich geprüften Techniker

Wer beruflich weiterkommen will, kann verschiedene Fortbildungen machen und damit nicht nur eine bessere Position im Unternehmen erreichen. Meist geht das auch mit mehr Verantwortung und sogar mehr Geld einher. Neben dem Meister gibt es auch die Weiterbildung zum Staatlich geprüften Techniker. Die wichtigsten Fragen und Antworten zur Fortbildung.

Welche Voraussetzungen muss man mitbringen? Mindestens eine abgeschlossene Berufsausbildung mit Berufsschulabschluss und eine einschlägige Berufstätigkeit von eineinhalb Jahren. Wer die Technikerfortbildung in Teilzeit macht, kann die erforderliche Berufstätigkeit bis zur Hälfte während der Fortbildung ableisten.

Wo kann man die berufliche Fortbildung absolvieren? An staatlichen beruflichen Schulen sowie bei diversen privaten Bildungsträgern, die allerdings entsprechend zertifiziert sein müssen. Sie kann in Vollzeit- und Teilzeit absolviert werden, auch in Fernlehrgängen. Sie sind meist teurer als staatliche berufliche Schulen.

Wie lange dauert die Fortbildung? In der Regel sind mindestens 2400 Stunden Unterricht vorgeschrieben, so die Rahmenvereinbarung zu Fachschulen der Kultusministerkonferenz. In Vollzeit an einer beruflichen Schule dauert die Fortbildung dann zwei Jahre, in Teilzeit vier Jahre. Wer die Fortbildung berufsbegleitend absolviert, hat am Abend sowie am Wochenende Unterricht. Manche Schulen organisieren die Kurse auch blockweise.

Was kostet die berufliche Fortbildung? Das variiert je nach Fachrichtung, Bundesland und Schulform. Staatliche Schulen verlangen pro Halbjahr zwischen 100 und 500 Euro. Private Schulen oder Bildungsträger verlangen oft deutlich mehr, etwa 100 bis 200 Euro monatlich.

Welche Fachrichtungen gibt es? Es gibt unterschiedliche Fachrichtungen, die teilweise in Unterschwerpunkte aufgegliedert sind. Bekannt sind zum Beispiel die Technikerausbildungen in den Fachrichtungen Elektrotechnik oder Bautechnik.

Was lernt man während der Fortbildung? In der Technikerweiterbildung soll den Teilnehmer zum Beispiel interdisziplinäres Denken sowie die Nutzung von Ansätzen, Denkweisen oder zumindest Methoden verschiedener Fachrichtungen beigebracht werden, erklärt Albert Weiß, Leiter der Werner-von-Siemens-Schule in Mannheim.

Für wen eignet sich die Fortbildung? Eine absolut hohe Motivation ist laut Schulleiter Weiß Voraussetzung Nummer eins. Die Inhalte seien anspruchsvoll und eher mit denen eines Ingenieurstudiums als mit dem Stoff aus der Berufsausbildung vergleichbar.

Gibt es finanzielle Unterstützung? Alters- und einkommensunabhängig unterstützt der Staat berufliche Fortbildung mit dem Aufstiegs-Bafög. Gefördert werden Voll- und Teilzeitmaßnahmen. Ein Teil der Förderung wird als Zuschuss gezahlt, der andere Teil wird als zinsgünstiges Darlehen von der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) gewährt. (dpa)

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