Sonderveröffentlichung
Traumazentrum am Röteringshof

Jeden Tag mehr Anfragen in Ahlen: Psychosoziales Traumazentrum am Röteringshof für Flüchtlinge

Jeden Tag mehr Anfragen in Ahlen: Psychosoziales Traumazentrum am Röteringshof für Flüchtlinge

Das Psychosoziale Traumazentrum ist überlastet (v.l.): Malgorzata Hajdo, Jaqueline Gehrcke, Juliane Jung und Dietmar Zöller. Foto: Angelika Knöpker

Lucky (Name geändert) ist vor fünf Jahren aus Nigeria geflüchtet und hat in Ahlen eine neue Heimat gefunden. Er hat eine eigene Wohnung, arbeitet in Festanstellung und ist finanziell unabhängig. Trotzdem soll er abgeschoben werden. Der junge Mann ist verzweifelt. Die Folge: er wird psychisch auffällig, leidet unter Ängsten und massiven Belastungen. Er ist einer von aktuell 160 Klienten, die Rat und Hilfe im Traumazentrum am Röteringshof suchen und finden. Das Team aus Psychologen um Jacqueline Gehrcke und Angelika Dittmann ist an seine Grenzen gekommen. Täglich bekommen wir mehr Anfragen, jetzt auch von ukrainischen Flüchtlingen", sagt die Innosozial-Fachdienstleiterin. Viele hätten die Ferien zu einem Besuch in der Heimat genutzt, das Bild der zerstörten Städte und die Verwüstungen hätten schlimme Traumatisierungen ausgelöst.

Fälle werden die Themen 130 Erstkontakte, davon 41 Prozent aus Ahlen, allein in diesem Jahr, sprechen Bände. „Die schwieriger, komplexer", sagt Jacqueline Gehrcke und kritisiert die Behörden für schleppende Asylverfahren. Insbesondere Klienten aus Albanien als angeblich sicheres Herkunftsland und Afrika, wo brutale Kriege toben, seien auf Unterstützung angewiesen. Froh ist sie, mit Robar Ibish einen Juristen an der Seite zu haben, der in Asylfragen beraten kann und neben Kurdisch auch Arabisch spricht. 

Quelle: Stadt Ahlen
Quelle: Stadt Ahlen

„Die angekündigten Rückführungen sind unlogisch und unmenschlich", verurteilt Jacqueline Gehrcke die Entscheidungen für Flüchtlinge wie Lucky. Sie stünden unter einem enormen Druck, der die mühsam errungene Stabilität durch therapeutische Sitzungen gefährdet und psychische Erkrankungen reaktiviert. Die Krankheitsbilder der Klienten und Klientinnen reichen von PTBS (posttraumatische Belastungsstörung) bis zu weiteren schweren psychiatrischen Erkrankungen wie zum Beispiel Psychosen. Hier ist Angelika Dittmann als Diplom-Psychologin und Traumatherapeutin verantwortlich. Stolz sei man auch auf die Vernetzung mit Möglichkeiten zur Weiterleitung an andere Einrichtungen. Ein großes Thema seien neben Foltererfahrungen auch Menschenhandel und Prostitution. Viele Flüchtlinge reagierten mit Rückzug, Depressionen und Essstörungen, schwere Fälle nähmen immer mehr zu. Noch in diesem Jahr werde kreisweit eine Neuzuweisung von 450 bis 500 Asylbewerbern (ohne Ukrainer) erwartet, die die ohnehin schon lange Warteliste noch einmal erweitert.

Für Innosozial-Geschäftsführer Dietmar Zöller sind 3,5 Stellen für das psychosoziale Traumazentrum zu wenig. „Die Landesförderung reicht bei weitem nicht aus, um kostendeckend zu arbeiten", sagt er. Und rechnet vor: ,250 000 Euro zahlt das Land, 15 000 Euro der Kreis und 12 000 Euro erhoffen wir uns von der Stadt Ahlen. Dann bleiben immer noch 13 000 Euro, die Innosozial auf andere Weise zusammenkriegen muss."

Für die Haushaltsberatungen hat er den Antrag auf eine Erhöhung um 2000 Euro gestellt, einige Gremien wie der Integrationsrat und die Steuergruppe der Präventionskette haben schon zugestimmt. Angelika Knöpker

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